„Dass die Themen Landwirtschaft und Forsten in der Region Untermain viele Interessierte und auch zahlreiche unmittelbar Betroffene haben, bestätigte eindrucksvoll die 90-minütige Online-Veranstaltung der Arbeitsgruppe Umwelt der Kreis-CSU Miltenberg mit Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber: rund 80 Teilnehmende konnte Vorsitzender Christian Schreck an den Bildschirmen zuhause begrüßen. Darunter auch Bundestagsabgeordneter Alexander Hoffmann in Berlin und Landtagsabgeordneter Berthold Rüth in München.
Bei seiner kurzen Einführung in die vielschichtige Thematik nahm Christian Schreck die wichtigsten Punkte gleich vorweg: Vereinbarkeit von Waldpflege und Wildhege, Wasserversorgung in Zeiten des Klimawandels, Düngeverordnung, der Wolf und die Beachtung des Tierwohls in der Landwirtschaft. In ihrem Statement betonte die Ministerin, dass in Bayern seit jeher die Schöpfung im Vordergrund stehe, die es zu bewahren gelte und dies Ziel ihrer Politik sei – auch wenn andere in populistischer Manier mitunter etwas Anderes behaupteten. Viele Blaupausen für spätere Gesetze und Verordnungen kämen aus Bayern, dies gäben auch Grüne gelegentlich zu. Viele würden gerne das erreichen, was in Bayern bereits heute erreicht ist. Doch im Gegensatz zu den Grünen setze man in Bayern nicht auf eine Flut von Verboten, sondern auf Eigenverantwortung und den konstruktiven Dialog mit allen Beteiligten. „Umweltschutz gelingt nur im Schulterschluss mit allen Involvierten“, so die Ministerin.
In der anschließenden Diskussionsrunde nahm die Darlegung des Themas Wald und Jagd ein breites Zeitfenster in Anspruch. Klaus-Peter Gernhard, Vorsitzender der BJV-Kreisgruppe Obernburg, kritisierte, dass die Rotwildgebiete in Bayern nicht zusammenhingen und hierdurch die genetische Vielfalt der Tiere leide. Dies bestätigten auch Ingrid Stenger vom Jägerinnenforum Unterfranken. Verließen Rothirsche ein ausgewiesenes Schutzgebiet, bestünde zudem Erlegungspflicht. Man solle dies bei der Planung von Rotwildarealen mit einbeziehen. Auch die zunehmende Neuerrichtung von Mountainbike-Trails in den Wäldern schaffe für das Wild zusätzlichen Stress, da ihre Ruhezonen durch die Trails immer weiter beschnitten werden. Stefan Köhler, der Bezirkspräsident Unterfranken im BBV, legte dar, dass die Situation am Untermain anders als in anderen Landesteilen sei und dass die von Hirschen verursachten landwirtschaftlichen Schäden steigen. Bruno Farrenkopf betonte, dass die Bemühungen zur Waldaufforstung durch Hirsche stark beeinträchtigt werden. Bedingt durch immer umfangreichere Einzäunungen, auch als Schutz gegen den Wolf, sei es den Hirschen nicht mehr möglich, außerhalb des Waldes zu äsen. Hierdurch komme es zum vermehrten Schälen der Bäume. „Wald geht vor Wild“, so Farrenkopf. Ralph Keller, Vorsitzender BJV Miltenberg, plädierte dafür, dem Wild mehr Äsungsstreifen zur Verfügung zu stellen, damit es nicht zur Schälung von Bäumen komme. Mit Blick auf die Verjüngung der Wälder und gleichzeitige Verbissschäden verwies Ingrid Stenger darauf, dass dies nicht einfach mit höheren Abschussquoten zu erreichen ist. Der Wald sei ein sehr komplexes System, in dem viele Komponenten zusammenspielen. Nur einen Faktor alleine zu betrachten reiche nicht. Bundestagsabgeordneter Alexander Hoffmann ergänzte, dass der Wald immer als ein ganzheitliches ökologisches System zu betrachten sei, in dem Bäume und Tiere ihren Platz hätten. Er werde sich in Berlin für den Erhalt des bayerischen Erfolgsmodells der Hegegemeinschaften einsetzen.
Ministerin Kaniber betonte, dass Forstleute, Landwirte und Jäger nur gemeinsam eine für alle letztlich zufriedenstellende Lösung finden können. Andere Bundesländer setzten zum Schutz des Waldes auf immer weitere Verschärfungen der Gesetze. Bayern wolle dies nicht. Vielmehr setze man auf das Miteinander aller Involvierten bei forstlichen Gutachten.
Zum Thema Waldumbau zum klimaneutralen Wald führte Kaniber aus, dass Bayern hier führend in der EU sei. Bayern stelle 80 Mio. Euro zum Waldumbau zur Verfügung und erstatte 90% bei Aufforstungen. „Wir haben mit etwa 2,6 Mio. Hektar die größte Waldfläche in Deutschland. Da gibt es keinen Spielraum, wenn es darum geht, unseren Wald zu retten“, so die Ministerin. Dazu gibt es für Bayern ein 10-Punkte-Programm. Zum möglicherweise kommenden Biosphärenreservat im Spessart befragt erläuterte Kaniber, dass dessen Einführung die betroffene Region letztlich selbst entscheide. Sie verwies dazu auf das Beispiel des Biosphärenreservats Bayerischer Wald, das bei seiner Gründung vor über 30 Jahren zahlreiche Gegner auf den Plan rief und heute sehr positiv gesehen werde.
Als Herzensangelegenheit auch des Ministerpräsidenten Markus Söder bezeichnete Ministerin Kaniber das Thema Weinbau und die Bewässerung der Weinberge bei der zunehmenden sommerlichen Trockenheit. Um Abhilfe zu schaffen habe man aktuell 19 verschiedene Projekte laufen, 12 davon in Unterfranken. Vier davon mit einem Gesamtvolumen von 10 Mio. Euro befassten sich mit der Umsetzung von Bewässerungsstrukturen. Die Bayerische Landesanstalt für Weinbau in Veitshöchheim leiste hier umfangreiche Arbeiten, z.B. durch die Entwicklung einer weinstockgerechten Tröpfchenbewässerung mittels Drohnenbefliegung. Winzer Stritzinger und Klingenbergs Bürgermeister Ralf Reichwein baten darum, dass man die in Klingenberg zu diesem Thema bereits seit 2005 gewonnenen praktischen Erkenntnisse und Erfahrungen unbürokratisch mit einbeziehe. Die Ministerin sagte eine Prüfung zu.
Viel Diskussionsbedarf bestand auch zum Thema Landwirtschaft. Markus Link aus Mönchberg hob hervor, dass in Deutschland mehr und mehr Pflanzenschutzmittel verboten würden. Gleichzeitig aber werden viele Lebensmittel aus dem Ausland importiert, die mit genau diesen Pflanzenschutzmitteln behandelt worden seien. Kaniber verwies darauf, dass auch für Importe qualitative Standards bestehen, die eingehalten werden müssen. Um ganz sicher zu gehen, sollten Verbraucher beim Einkaufen – neben dem Preis der Ware – vor allem auch auf das bayerische Gütesiegel achten. Wo dies aufgedruckt sei, stimmten Qualität und Herkunft. Elmar Konrad regte an, die hohen Produktionsstandards der bayerischen Landwirtschaft besser zu vermarkten und beispielsweise über einen Imagefilm bekannter zu machen. Die Ministerin bestätigte, dass sich die bayerische Landwirtschaft nicht zu verstecken brauche. Auch die Grünen schauen zuweilen neidisch nach Bayern. Aber anders als hier praktiziert, wollten diese nicht die Eigenverantwortung der Landwirte mit einbeziehen, sondern alles über Gesetze und Verbote regeln. Es sei vermehrt Aufklärung notwendig, um das Bewusstsein der Verbraucher für bayerische Waren und das Verständnis für die Erzeuger mit ihren vielen kleineren und mittelständischen Höfen zu schaffen.
Kreisbäuerin Monika Schuck bat die Ministerin, angesichts der zunehmenden Anzahl an Wölfen in Deutschland, um die Schaffung von Entnahmemöglichkeiten bei zu großer Population. Kaniber unterstich, dass Tierschutz nicht nur einseitig für den Wolf gelten könne, sondern auch die Weidetiere schützenswert sind. Hier sei vor allem der Bund gefordert, seine Hausaufgaben zu erledigen und eine nationale Planung aufzustellen, wie viele Wölfe das Land wirklich vertragen könne.
Zu weiteren landwirtschaftlichen Themen wie Düngeverordnung, Wasserschutz oder der Diskussion um das Tierwohl sagte die Ministerin – nach Corona – einen persönlichen Gesprächstermin im Landkreis Miltenberg zu, bei dem die wichtigsten Themen Vorort besprochen werden sollen.
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