Als die größte Aufgabe des 21. Jahrhunderts für die Menschheit bezeichnete Dr. Martin Huber, MdL – Mitglied im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz des Bayerischen Landtags und CSU Landesvorsitzender des Arbeitskreises Umweltsicherung und Landesentwicklung – die Bewältigung des Klimawandels. Eine Chance bei der erfolgreichen Meisterung biete der Einsatz von Wasserstoff als nachhaltige Energiequelle der Zukunft. Wie spannend das Thema ist, bewies die große Teilnehmerzahl von über 70 Personen, die Vorsitzender Christian Schreck bei der Online-Veranstaltung der Arbeitsgruppe Umwelt des CSU-Kreisverbands Miltenberg begrüßen konnte. Mit von der Partie waren auch zahlreiche Unternehmer der heimischen Wirtschaft sowie Politiker aus Bund und Land, darunter Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel, Alexander Hoffmann MdB und Berthold Rüth MdL.
In seinem einleitenden Impulsreferat erläuterte Huber, ausgehend von den aktuellen Entwicklungen wie Bevölkerungszunahme, CO2- und Temperaturanstieg, und Flächenverbrauch, den dringenden Handlungsbedarf, um die natürlichen Ressourcen zu schützen. Die Auswirkungen des Klimawandels seien überall und für jeden spürbar: Abschmelzen der Gletscher, extreme Wetterereignisse, Artensterben, Wanderbewegungen der Menschen in besonders betroffenen Weltregionen. Viele Maßnahmen habe man in Deutschland bereits getroffen wie Klimaschutzplan, Klimaschutzgesetze auf Bundes- und Länderebene, CO2-Einsparungsprogramme und den Emissionshandel. Vor allem zum CO2-Ausstoß trügen Energiewirtschaft und Industrie zu mehr als 50% bei.
Wasserstoff, insbesondere dann, wenn er mithilfe erneuerbarer Energien erzeugt werde, könne hier eine vielversprechende Lösung für Deutschland sein und Basis für den Aufbau eines nachhaltigen, globalen Energiesystems. Wasserstoff habe, erläuterte Huber, das Potenzial zum „klimafreundlichen Erdöl von morgen“. Mit grünem Wasserstoff in Industrie, Verkehr und Energiesystemen ließe sich die deutsche Wettbewerbsfähigkeit erhalten, die Klimaschutzziele könnten erreicht werden und zugleich neue Märkte erschlossen. Mit der Bayerischen Wasserstoffstrategie wolle Bayern Hightech, Klimaschutz und Innovationen vereinen und eine konsequente Energie- und Mobilitätswende anstreben. Allerdings, so Huber, lasse sich der Bedarf an grünem Wasserstoff nicht in Deutschland selbst decken. Vielmehr müsse durch mittels Photovoltaik gewonnenem Strom in Ländern mit hoher Sonneneinstrahlung Wasserstoff erzeugt und importiert werden. Auch wenn aktuell die Kosten zur Erzeugung von Wasserstoff noch sehr hoch lägen, rechne er mit einer deutlichen Reduktion bis ca. 2030. Wie Wasserstoffgewinnung und Einsatz erfolgreich funktionieren könne, zeige die Pilotregion Chemiedreieck, das auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft Bayerns eine essentielle Musterrolle spiele. Arbeitgeberverband und Gewerkschaft entwickelten hier ein gemeinsames Positionspapier, in dem sie sich zum Potenzial von Wasserstoff für eine Wirtschaft ohne Nutzung fossiler Energieträger wie Kohle, Erdgas oder Erdöl bekennen. Aktuell laufen im Chemiedreieck mehrere Projekte wie Umstellung des Schwerlastverkehrs zwischen den einzelnen Unternehmen, Einsatz von Wasserstoff im ÖPNV und Nutzung von produktionsbedingt anfallendem Wasserstoff aus verschiedenen Unternehmen sowie weitere intensive Forschungen.
In der sich anschließenden Diskussion kamen viele Fragen, wie man das im Chemiedreieck praktizierte Modell auch auf unsere Region übertragen könne. Prof. Dr. Armin Bohnhoff verwies darauf, dass der Landkreis Miltenberg bereits ein sehr innovativer Landkreis sei, der nahezu die gleichen Voraussetzungen mit starker heimischer Industrie und trimodaler Verkehrsanbindung aufweise. Jetzt gelte es, auch hier in der Region das erforderliche Know how aufzubauen und damit für die Unternehmen, die Umwelt und auch für die Arbeitsplätze der Zukunft vorzusorgen. Berthold Rüth MdL unterstrich die Vorreiterrolle des Landkreises Miltenberg in vielen Bereichen. Deshalb sollte das Wasserstoff-Modell „Chemiedreieck“ auch auf Unterfranken übertragen werden. Auch der Einsatz von Wasserstoff in Frachtschiffen statt Diesel oder Schweröl und die Schaffung einer Wasserstofftankstelle am Main war eine Anregung aus dem Teilnehmerkreis.
Inwieweit bei der Westfrankenbahn Wasserstoffantrieb eine Alternative sei erklärte ihr Vorstand Dennis Kollai. Hier gelte es zunächst die bestehenden Verträge einzuhalten. Wenn diese auslaufen erfordere es eine intensive wirtschaftliche wie auch ökologische Betrachtung, ob Wasserstoff sinnvoll einsetzbar ist – vor allem mit Blick auf das erforderliche Versorgungsnetzwerk, oder ob eine Elektrifizierung die bessere Alternative sei. Dies bestätigte auch Berthold Rüth und verwies auf die komplexe Situation mit länderübergreifendem Verkehr, langfristige Planungsräume und die notwendige Finanzierung. „Wir werden aber den Wasserstoff im Blick behalten“, so Rüth.
Um eine regionale Wasserstoffstrategie angehen zu können erfordere es gerade beim ÖPN eine einheitliche Vorgehensweise der gesamten Region, bestehend aus den Landkreisen Aschaffenburg und Miltenberg sowie der Stadt Aschaffenburg. Huber empfahl, hierzu eine Trägergesellschaft mit Vertretern der Region, Kommunen und der heimischen Wirtschaft zu gründen, die das Projekt mit dem erforderlichen Nachdruck vorantreiben kann.
Hinsichtlich des Einsatzes von Wasserstoff als Energie in Privathäusern zusammen mit Gas oder im privaten Verkehr verwies Huber auf die aktuelle Knappheit von grünem Wasserstoff. „Der Wasserstoff sollte dort eingesetzt werden, wo er das meiste bewirkt, das ist die Energiewirtschaft und die Industrie. Im Verkehr wird es künftig sicher ein Mix aus verschiedenen Antriebsarten geben: E-Antriebe, synthetische Treibstoffe, die eine Brücke zu neuen Antriebsarten bildet, und auch Wasserstoff, wenn er wettbewerbsfähig hergestellt werden kann“.
Bedenklich erschien Steffen Zeisberger die auf die Menschen zukommenden zusätzlichen finanziellen Belastungen. Ihm erscheine das Vorgehen zu schnell, so Zeisberger. Für junge Familien, für Hausbesitzer und gerade die Menschen auf dem Land kämen durch die erforderlichen Umrüstungen gewaltige finanzielle Belastungen zu, die trotz der verschiedenen Fördermaßnahmen kaum mehr zu leisten seien. Huber verwies darauf, dass die Grünen Verbrennungsmotoren generell verbieten wollen. Die CSU setze nicht auf pauschale Verbote, sondern darauf, dass der Markt und der Preis für CO2-Emissionen vieles regeln werde und je nach Geldbeutel der einzelne entscheide, wann er seine alte Heizung wechselt oder sein altes Auto gegen ein neues und nachhaltiges Fahrzeug austauscht.
Christian Schreck dankte abschließend allen Teilnehmerinnen und Teilnehmer und versicherte, dass es Folgeveranstaltungen zu diesem Thema geben werde: „Wir brauchen eine gemeinsame Wasserstoff-Strategie in der Region Bay. Untermain und auch über die Landesgrenzen hinaus“.
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